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14.05.2020

Stärken stärken

‘Ich fokussiere mich auf meine Fähigkeiten und meine Stärken’. Die Aussage eines Lernenden aus der Z-Generation gegenüber seinem Vorgesetzten hat mich nicht erstaunt. Der weitverbreitete Ansatz ist nicht falsch, aber auch nicht ganz richtig.

In dem heutigen Blog geht es nicht darum, dass die Z-Generation ausgiebig Feedback gibt, selbst aber ungern annimmt. Während meiner Ausbildungszeit ist es undenkbar gewesen, auf die Kritik des Vorgesetzten mit ‘ich konzentriere mich halt auf meine Stärken’ zu antworten. Schwächen wurden klar adressiert und nicht unter dem Begriff ‚Optimierungspotenzial‘ weichgespült. Der damalige Fokus auf das Eliminieren der Schwächen war bedingt zielführend. Der spätere Gegentrend, in dem die Stärken ins Zentrum rückten, gefiel mir wie vermutlich vielen anderen auch, eindeutig besser. Doch der Hund liegt im Detail begraben. Ein Beispiel.

Einer meiner früheren Vorgesetzten war ein exzellenter Zuhörer. Er liess einen ausreden, fragte viel nach und brachte Gespräche auf eine konstruktiv-wertschätzende Ebene. Er genoss bei allen Mitarbeitenden ein grosses Ansehen. Probleme wurden nie unter den Tisch geschoben, denn seine Tür war stets offen und mit ihm konnte immer eine Lösung gefunden werden. Niemand im Unternehmen konnte ihm das Wasser reichen. Auf der Rückseite der Medaille standen jedoch ellenlange Team-Meetings. Je mehr Teilnehmer, desto mehr Meinungen holte er, auf Kosten von Effizient und Effektivität, ab. Stärken sind nur dann Stärken, wenn sie in den richtigen Situationen genutzt werden. Einem Albatros nützt sein perfektes Flugverhalten nichts, wenn er sich am Boden bewegen muss.

In einer Studie wurden Manager von über 1.500 Mitarbeiter zu den Verhaltensweisen ‘Verantwortung übernehmen’, ‘andere befähigen’, ‘visionär denken’ und ‘umsetzen’, bewertet. Die spannende Frage lautete, ob das Führungsverhalten in den vier Punkten als zu wenig, angemessen oder zu viel wahrgenommen wurde. Mehr als die Hälfte der Führungskräfte haben mindestens ein Verhalten überdosiert. Anhand der Stärken der Manager konnte vorausgesagt werden, welches es war. So neigten besonders ehrgeizige Manager dazu, die Entscheidungsfähigkeit zu übertreiben und Empowerment zu untergraben. Visionäre Manager konzentrierten sich auf die Zukunft und vernachlässigten die aktuellen Ergebnisse. Micro-Manager taten das Gegenteil: Sie waren so sehr mit Details beschäftigt, dass sie das Gesamtbild aus den Augen verloren.

Für Talente und Führungskräfte ist es essentiell, die eigenen Stärken zu kennen. Dadurch entsteht Selbstvertrauen. Der Schlüssel zum Erfolg liegt auf einer anderen Ebene: Im Wissen, wann und wo die Stärken eingesetzt werden.

Ein fröhlicher Gruss vom Vierwaldstättersee

Ralph Hubacher

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