“Es wird immer schlimmer. Grabenkämpfe sind an der Tagesordnung, der Druck wird laufend erhöht und die Zitrone immer mehr ausgepresst. Wir haben ein Kulturproblem. Kann ich etwas verändern oder bin ich nur ein Rädchen im System?”
Die junge, talentierte Managerin schaute mich fragend an. Für ein so grosses Thema wie Kulturveränderung reichten die restlichen zehn Minuten der Kaffeepause jedoch bei weitem nicht aus. Mit einem ‘eindeutigen JEIN’ wollte ich sie aber nicht abspeisen. Sicherlich ist es kein leichtes Unterfangen, als einzelner etwas zu bewegen. Besonders, wenn das Management des Unternehmens immer wider wegen schlechter Aktienperformance und Rekordboni in der Presse steht.
Wenn aber ein paar faule Äpfel einen ganzen Korb verderben, dann sollten die süssen Früchte doch auch einen positiven Effekt haben? Eine Unternehmenskultur entsteht ja nicht nur im Management, sondern auf jeder Stufe, mit jeder Handlung, mit jeder Kommunikation, jeden Tag, jede Stunde, jede Minute.
Ich erzählte ihr vom Schwedenprinzip. Als ich vor Jahren mit dem Kanu in der einsamen Natur Schwedens unterwegs war, lernte ich nicht nur die Freiheiten des wilden Campierens kennen, sondern auch die damit verbundene Verantwortung. In meiner Jugend wurde mir der Satz ‘wir hinterlassen einen Platz so, wie wir ihn angetroffen haben’ eingetrichtert. So weit so normal. In Schweden gilt ein anderes Prinzip: ‘Wir hinterlassen den Platz etwas sauberer, als wir ihn angetroffen haben. Im Minium sammeln wir ein Stück Abfall mehr ein’. Diese kleine Veränderung in der Denkhaltung löst etwas Grosses aus. Plötzlich zählen Ausreden wie ‘ach ja, der Platz war ja vorher schon etwas schmutzig,’ oder ‘warum sollte ich den Dreck von anderen wegräumen?’ nicht mehr. Die positive Dynamik hilft nicht nur etwas in Gang zu bringen, sondern es auch langfristig zu erhalten.
Das Schwedenprinzip mag zwar wie ein Tropfen auf den heissen Stein wirken, doch es wirkt. Auch in der Geschäftswelt. Der Weg ist kein leichter, wir benötigen Ausdauer und Durchhaltewillen.
Der Managerin gefiel das Schwedenprinzip und sie entschloss sich, damit ihrem Team anzufangen. Das ist mittlerweile fast ein Jahr her. Einiges hat sich positiv verändert. Zwar hat ihr Unternehmen nach wie vor ein Kulturthema, doch ihr Team schuf quasi eine kleine Oase. Das blieb anderen nicht verborgen. Seither landen immer mehr interne Bewerbungen auf ihrem Tisch. Ihr Vorgesetzer lud sie kürzlich zu einem Gespräch ein und wollte wissen, warum es in ihrem Team so gut funktioniert. Sie erzählte ihm vom Schwedenprinzip. Er will es nun auch ausprobieren…
Ein fröhlicher Gruss vom Vierwaldstättersee
Ralph Hubacher
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