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Schubladensystem

In keinem anderen Jahr habe ich stärker erlebt, dass Meinungen schubladisiert werden. Das stimmt mich nachdenklich.

Praktisch nie haben zwei Menschen exakt dieselbe Meinung. Weder bei einfachen Themen noch in komplexen Sachverhalten. Im positiven Sinn führt Meinungsvielfalt zu ausserordentlichen Lösungen. Vorausgesetzt, die innere Haltung stimmt.

Kürzlich habe ich in einer Runde erwähnt, dass der amerikanische Präsident in seinen vier Jahren nicht alles falsch gemacht hat. Nebst bösen Blicken erntete ich erstaunt-entrüstete Kommentare, dass man mich nicht als Trump-Fan vermutet habe. (Anmerkung: Bin ich nicht, war ich nie und werde ich nie sein). Meine Argumentation, dass sein Vorgänger im Gegenzug nicht ALLES richtig gemacht hat und man ergo auch nicht ALLES falsch machen kann, wurde mit einem müden Lächeln quittiert. Es war zu spät. Die Meinungen waren gemacht. Ich landete in der Pro-Trump Schublade.

Reizthema Nummer eins ist hier in Europa aber nicht die amerikanische Politik, sondern das Virus. Nirgends wird man schneller in eine Schublade gesteckt. Meine Friseuse hat sich dazu geäussert, dass ein 10-Stunden Tag mit Maske anstrengend und mühsam sei – sie wurde als Maskenverweigerin abgestempelt. Ein Freund im Gastgewerbe, der sich vorbildlich an die Bestimmungen hält und den Restaurant-Lockdown kritisch sieht, landete in der Schublade ‘Menschenleben-in-kauf-nehmender-Egoist’. Das sind nur zwei Beispiele von vielen. Mich stimmt das traurig.

Erschreckend kommt dazu, dass ich mich selbst immer häufiger dabei ertappe, jemanden voreilig eine Etikette zu verpassen. Im persönlichen Gespräch fällt es zum Glück leicht, den Zusammenhang oder den Hintergrund einer Aussage besser zu verstehen. Eine kurze Nachfrage schafft Klarheit. Deutlich schwerer ist es bei Social Media Posts… die passen einfach (zu) perfekt ins Schubladensystem.

Die meisten Menschen wünschen sich ein ‘normales’ 2021. Doch auch der beste Impfstoff der Welt wird nicht helfen, den Umgang mit verschiedenen Meinungen zu verbessern. Schubladen, Stempel und Etiketten baut er keine ab, da kann einzig jeder bei sich selbst beginnen.

Ich stecke Sie definitiv in keine Schublade, egal ob Sie meinen Blog alle zwei Wochen lesen oder seltener. Vielen Dank, dass Sie es tun. Ab dem 7. Januar 21 bin ich mit Freude aus der Weihnachts-Schreibpause zurück. Ich wünsche Ihnen bis zum Jahresende wertvolle Dialoge, so unterschiedlich die Meinungen auch sein mögen.

Ein fröhlicher Gruss vom Vierwaldstättersee

Ralph Hubacher

 

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