Die Präsentation läuft ausgezeichnet. Es geht um viel. Doch kurz vor Schluss kommt ein Einwand, der uns beinahe das Genick bricht.
Seit der ersten Bedarfsklärung mit dem Kunden sind zwei Monate vergangen. Wir haben viel Zeit in die Entwicklung des Konzepts gesteckt. Nun steht der letzte und entscheidende Pitch an.
Wir entscheiden uns für eine Präsentation zu dritt und überlassen nichts dem Zufall. Der Projektleiter, der CEO und ich (damals) als Head Sales & Marketing werden auf der Bühne sein. Zeitlich stehen 20 Minuten für die Präsentation zur Verfügung, gefolgt von 30 Minuten für Fragen. Mit anderen Worten, eine halbe Stunde ‘Grillzeit’. Nicht nur die Präsentation bereiten wir akkurat vor, sondern ebenso die Fragerunde. Es ist gut geregelt, wer welche Themenfelder beantwortet und wie wir uns gegenseitig unterstützen.
Da stehen wir nun vor dem 5-köpfigen Gremium. Rundum sympathische und professionelle Menschen. Die Fragen sind kritisch, aber fair. Zwar werden wir durchgegrillt, verbrennen die Finger aber nicht. In wenigen Minuten ist die Fragerunde vorbei.
«Ich muss sagen, bisher haben sie mich nicht ganz überzeugt. Bei mir ist der Funken nicht gesprungen». Dieser Einwand überrascht uns, wir sind kurz perplex. Auch die vier anderen Jurymitglieder wirken erstaunt.
Nach Lehrbuch wär’s richtig gewesen, die Person und den Einwand zu würdigen, genau nachzufragen was vermisst wird, um dann mit Empathie und guten Argumenten den Engpass zu lösen. Doch in den knapp fünf verbleibenden Minuten ist das fast ein Ding der Unmöglichkeit.
Unser CEO reagiert blitzschnell und unerwartet. «Danke für Ihren Einwand, Frau Vollenweider. Wir stehen seit 45 Minuten auf der Bühne und präsentieren mit Herzblut und voller Leidenschaft. Wenn wir Sie bis jetzt nicht überzeugen konnten, dann schaffen wir das auch in den nächsten Minuten nicht. Wir haben alles in die Waagschale gelegt, mehr geht nicht.»
Im Raum ist es ‘zum-Stecknadel-fallen-hören-still’. Das war definitiv keine Antwort nach Lehrbuch, sondern aus der Kategorie klare Kante.
Ich beobachte die Reaktionen im Gremium. Frau Vollenweider sitzt mit einem ungläubig staunenden Gesichtsausdruck da. Auf den Lippen ihrer Kollegen entdecke ich hingegen ein feines Lächeln. Es war zu offensichtlich, dass sie sich aufgespielt hat und ihre Macht demonstrieren wollte. Sie hat eine Reaktion nach Lehrbuch erwartet, erhielt aber eine klare Kante.
Ich bin nach wie vor der Meinung, dass Einwände wichtig sind und man auf sie eingehen soll. Es ist auch keine feine Art, jemanden klein zu machen. Dennoch brauchts manchmal eine klare Kante. Kunden wollen Geschäftspartner auf Augenhöhe, keine Bücklinge. Der ehemalige Spitzen-Eishockeytrainer und mein lieber Freund aus Kanada, Bob Leslie, pflegt es mit folgenden Worten zu sagen: Don’t try to bullshit a bullshitter.
Übrigens: Den Auftrag haben wir erhalten und die Zusammenarbeit mit Frau Vollenweider gestaltete sich, nach einer anfänglichen Aufwärmphase, fruchtbar und rundum wertschätzend.
Ein fröhlicher Gruss, Ralph Hubacher
Das beste Werkzeug ist die passende Methode
Hören statt lesen – für mehr Inspiration und Erfolg im Leben
Den Blog als Newsletter alle 2 Wochen in Ihrer Inbox: Anmelden