Wie versuchen blinde und sehbehinderte Menschen im Corona-Alltag die Abstandregeln einzuhalten? Wie navigieren sie im Alltag und umschiffen Hürden und Hindernisse? Ich habe Yves Kilchör interviewt und viel dabei gelernt.
Durch die dreiteilige DOK-Sendung «Blindflug», in der er mit seinem blinden Kollegen Jonas Pauchard die Städte Athen, Berlin und Jerusalem bereist, bin ich auf Yves aufmerksam geworden. Seit seiner Geburt ist er stark sehbehindert und hat ein Sehvermögen von zwei Prozent. Trotzdem geht der Radiomoderator und Redaktor mit offenen Augen durchs Leben.
Abstände einzuschätzen ist für Yves enorm schwierig. Was für uns mit einem kurzen Blick im Bruchteil einer Sekunde gelöst ist, muss er sich aufwendig ertasten. «Wenn ich unterwegs bin, muss ich die Dinge noch mehr als früher ertasten, damit berühre ich automisch mehr Stellen, wo sich das Virus befinden könnte.» Trotzdem kenne er kaum einen blinden oder sehbehinderten Kollegen, der sich mit dem Virus angesteckt habe. «Offenbar sind wir es uns trotzdem gewohnt, die Abstände einzuhalten und regelmässig Hände zu waschen. Wir versuchen im Alltag generell nicht in jemanden reinzulaufen, das machen wir jetzt nicht anders. Oft gelingt es gut, manchmal geht es auch schief. Da ich nicht zu einer Risikogruppe gehöre, kann ich es etwas entspannter angehen»
Eine der wenigen Sportarten, welche sehbehinderte Menschen allein ausführen können, ist das Fitnesstraining. Mit der Schliessung der Fitnessstudios fällt das weg. Yves steckte den Kopf aber nicht in den Sand. «Verschiedene Sport- und Fussballclubs haben Solidaritätsaktionen gestartet und bei mir hat sich eine Person gemeldet, da ich nach einem Laufpartner gesucht habe. Seither joggen wir regelmässig zusammen. Für mich hat sich aus dem vermeintlichen Nachteil eine schöne Situation entwickelt.»
Ob er aktuell Trübsal blase, wollte ich von ihm als begeisterten Reisefan wissen. «Nein, gar nicht. Obwohl ich jetzt auf einer grossen Reise wäre, macht es mir nichts aus. Nicht, weil ich keine Lust hätte. Aber vielleicht gibt es einfach eine Zeit, um zu reisen und eine, um nicht zu reisen. Es schmerzt mich nicht.»
Während sich viele Menschen mit Einschränkungen und Verzicht üben schwertun, scheint es Yves leichter zu fallen. Als Radio-Redaktor und -Moderator durfte er immer zur Arbeit fahren und vor Ort arbeiten, was sich besonders in Lockdown-Phasen nach etwas ‘Normalität’ und weniger Einengung anfühlte. Ich wollte dennoch wissen, ob es auch daran liegen kann, dass er durch seine Behinderung bereits mit Einschränkungen leben muss. «Das sehe ich nicht so. Einschränkungen und Verzicht sind mir zu negativ behaftet. Ich würde eher sagen, dass ich gewohnt bin, auf Veränderungen reagieren zu müssen und daraus das positivste zu machen. Wenn etwas nicht zugänglich ist, muss ich einen anderen Weg suchen. Kann ich etwas nicht so machen wie alle anderen, dann schaue ich nach neuen Möglichkeiten. Diese Anpassungsfähigkeit kommt mir in diesen Zeiten zugute.»
Mit Yves Zuversicht ins 2021 zu starten ist für mich ein Geschenk.
«Ich finde wir sollten wieder anfangen über die positiven Dinge zu sprechen. Über Solidarität und Hilfsbereitschaft zum Beispiel, die in Unternehmen einen grossen Stellenwert haben sollten. Besonders dann, wenn Kunden und Mitarbeitende durch schwere Zeiten gehen. Wir sollten lernen, einander besser zuzuhören. Nicht nur was jemand sagt, sondern wie es gesagt wird. Auch mir gelingt das nicht immer. Deshalb versuche ich in virtuellen Sitzungen nicht nur die reine Business Situation abzuhandeln, sondern nehme mir bewusst ein paar Minuten Zeit, um persönliches anzusprechen.»
Vielleicht wäre ein moderierter Austausch mit Yves der optimale Start, um das Jahr gemeinsam mit Ihrem Team mit der nötigen Zuversicht zu beginnen? Ich erzähle Ihnen gerne mehr, welche Möglichkeiten es gibt.
Ein fröhlicher Gruss vom Vierwaldstättersee
Ralph Hubacher
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