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26.06.2025

Sinn macht stark!

Was mir Skilift-Anbügler ‚Fränz‘ an einem kalten Wintertag erzählte, fand ich viele Jahre später in einer der einflussreichsten Theorien der modernen Psychologie wieder.

Fränz war als Skilift-Anbügler kaum zu von seinen Kollegen zu unterscheiden. Dieselben Kleider, ein wettergegerbtes zerfurchtes Gesicht, ein buschiger Bart. Er übte exakt dieselbe monotone Tätigkeit aus wie seine Kollegen, reichte Bügel an eine nicht enden wollende Schlange von Skifahrerinnen und Skifahrern. Trotzdem war er anders, nicht grummelig wie die andren, sondern er versprühte gute Laune. Als ich ihn später zufällig traf, sprach ich ihn darauf an.

Was ich damals von Fränz mitnahm, begegnete mir Jahre später in der Self-Determination Theory von Edward L. Deci und Richard M. Ryan; in erstaunlicher Klarheit und Tiefe. Die Theorie zeigt auf, dass intrinsische Motivation nachhaltiger, gesünder und wirksamer ist als extrinsische Motivation, sprich äussere Anreize wie Geld, Lob oder Druck. Vor dem Hintergrund sinnstiftender Arbeit schärfte Dr. Peter Senn den Blick für jene Grundbedürfnisse, die universell und kulturübergreifend wirken, und ergänzte die Self-Determination Theory um einen wertvollen Aspekt.

Verbundenheit: Das Gefühl, eingebunden und geschätzt zu sein
Fränz: «Eigentlich bin ich Bauer, im Sommer mit dem Vieh auf der Alp. Das Leben dort ist streng und einsam. Ich sehe wochenlang kaum einen Menschen. Hier trinke ich morgens mit den Kollegen Kaffee, und nach der Schicht gibt’s oft noch ein Bier, bevor ich heim zum Abendessen gehe.»

Kompetenz: Das Gefühl, Fähigkeiten und Stärken einzubringen
Fränz: «Ich bin ausgebildeter Mechaniker und deshalb auch für die einfache Wartung des Lifts zuständig. Ich mag das ; Schrauben, die Anlage Instandhalten, kleine Störungen selbst beheben.»

Autonomie: Das Gefühl, Selbstbestimmt zu handeln
Fränz: «Solange hier alles läuft, redet mir hier keiner rein. Ich muss nur dafür sorgen, dass der Lift pünktlich öffnet und am Schluss eine Pistenkontrolle machen. Der Rest liegt bei mir. Meine Verantwortung, meine Entscheidung.»

Wirkung: Das Gefühl, etwas zu Bewirken
Fränz: «Und weisst du was? Ich verrat dir zum Schluss ein kleines Geheimnis: Ich gebe jedem Gast den Bügel ein bisschen anders. Einer älteren Dame halt sanfter als zwei jungen sportlichen Skifahrern. Und ich hab immer einen Spruch, ein Witz oder wenigstens ein freundliches Wort parat. Ich will, dass jeder mit einem Lächeln losfährt. Über die Jahre kommen sogar Gäste aus dem Ausland extra wieder her und bringen mir Spezialitäten aus ihrer Heimat mit. Sag selbst, was will man mehr?»

Ein scheinbar eintöniger Job; dennoch sinnstiftend. Lassen Sie das gern einen Moment nachwirken. Im nächsten Blog gehe ich dann mit ein paar herausfordernden Fragen einen Schritt weiter.

Ein fröhlicher Gruss, Ralph Hubacher

ÜBRIGENS: Die ganze Geschichte von Skilift-Anbügler Fränz gibts HIER

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