Kontrolle weckt oft mehr Unbehagen als gute Gefühle. Für manche Menschen ist sie so unerwünscht wie Regen beim Picknick. Was bedeutet das für Führungskräfte?
Anna ist motiviert. Ihre Projekte laufen gut – weder Budgets noch Deadlines wurden überschritten. Der Kunde lobte sie im Meeting letzte Woche ausdrücklich für die Zusammenarbeit. Umso überraschter ist Anna, als sie kurz vor 9 Uhr eine E-Mail von ihrer Vorgesetzten Christine erhält: „Schicke mir bis heute Abend eine detaillierte Übersicht deiner aktuellen Aufgaben und danach regelmäßige Updates zum Fortschritt.“ Anna stutzt, und ein ungutes Gefühl macht sich in ihrem Bauch breit.
Kontrolle kann schnell das Gefühl vermitteln, dass die eigene Unabhängigkeit eingeschränkt wird oder, noch schlimmer, dass Christine Annas Fähigkeiten in Frage stellt. Wenn das Vertrauen fehlt, schwindet oft die Wertschätzung – und Freude wird durch den Druck ersetzt, Erwartungen zu erfüllen und bloß keine Fehler zu machen. Vielleicht haben Sie ähnliche Situationen schon einmal erlebt.
Ich mag kein Kontroll-Bashing. Deshalb lade ich Sie ein, den Blickwinkel zu ändern. Zu wenig Kontrolle birgt ebenfalls Gefahren – würden Sie in ein Flugzeug steigen, dass nie geprüft wurde? Maschinen sind zwar keine Menschen, das stimmt. Aber es beruhigt mich zu wissen, dass auch Piloten regelmäßig auf ihre Flugtauglichkeit geprüft, sprich kontrolliert werden.
Kontrolle ist mehr als die Suche nach Fehlern. Ohne Kontrolle gibt es keine seriöse Rückmeldung. Dabei spreche ebenso von positiven Punkten, Stärken und entsprechend von Lob als auch Entwicklungsfeldern. Feedback schafft Orientierung. Fehlende Orientierung führt nicht selten zu Unsicherheit, einhergehend mit mangelnder Zugehörigkeit. Es gibt Menschen, die verwelken ohne Feedback ein wie eine Pflanze ohne Wasser.
Verantwortungsvolle Führung beinhaltet Kontrolle – jedoch nicht als starre Überwachung, sondern als wertschätzende Dienstleistung. Die wahre Kunst der Kontrolle liegt darin, sie als Möglichkeit zur Unterstützung und Weiterentwicklung zu gestalten. Kontrolle sollte primär als Beurteilung der Arbeit dienen, nicht als Überwachung der Person. Nutzen Sie sie, um Stärken zu stärken und Entwicklungsfelder anpacken, anstatt nur auf Mängel hinzuweisen. Kontrollieren sie nicht nach Micro-Manager-Manier dauernd, ständig, alles und jeden; sondern fokussieren das sich auf das Wichtige. Unterstützen Sie Ihre Mitarbeitenden, die anvertrauten Freiheiten und Kompetenzen zu nutzen, damit sie selbstwirksam und mit Freude Leistung erbringen können.
Ein fröhlicher Gruss, Ralph Hubacher