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20.10.2016

AUFSCHIEBERITIS für Profis

Letztes Wochenende war ich mit guten Freunden angeln. So richtig wie im Bilderbuch. An einem wunderschönen Bergsee, ohne WLAN und Mobileempfang, drei Tage ohne warme Dusche. Die Stunden auf dem kleinen Ruderboot (und kein Fisch beisst!), lassen einem Zeit für Gedanken. Auf dem glasklaren See entstand so ein neues Bild zum Thema ‘Aufschieberitis’…

…denn kürzlich habe ich ein paar neue Ansätze darüber gelesen. Ich war bis dahin der Meinung, dass Dinge nicht sofort zu erledigen eine Schwäche ist. Schon im Kindergarten lernte ich den Satz ‘die lange Bank ist des Teufels liebstes Möbel’. Doch warum zeigte man uns nicht das Zitat von Mark Twain: “Verschiebe nicht auf morgen, was genauso gut auf übermorgen verschoben werden kann.” So oder so, Adam Grant, Professor für Organisationspsychologie an der Wharton Business School, hat das Thema in seinem neuen Buch ‚Nonkonformisten‘ anders belichtet.

Verschieben mit Weitblick sieht er als Strategie kreativer Denker und grosser Problemlöser. Er bezieht sich ebenso auf wissenschaftliche Experimente wie auch auf Leonardo da Vinci, der ab 1503 ein paar Jahre lang an Mona Lisa gearbeitet haben soll und sie erst vor seinem Tod 1519 vollendete. Seine Kritiker meinten, dass er seine Zeit mit optischen Experimenten und weiteren Zerstreuungen vergeude, wobei er sich damit nichts weniger als die Grundlage für die aussergwöhnliche Mona Lisa schuf. Auch das berühmte letzte Abendmal dauerte 15 Jahre, wobei die ersten zwölf davon lediglich eine Skizze bestand.

Nun sind wir leider nicht alles grosse Künstler. Und es wäre zu nett, dem inneren Schweinehund die Carte blanche für Dinge wie zu spät bezahlte Rechnungen oder verstrichene Deadlines zu erteilen. Da Vinci mag in vielen Dingen ein leuchtentes Vorbild sein, doch Willenskraft und Selbstdisziplin gehören ebenso dazu wie Kreativität und Orginialität. Zurück zum Fischen auf dem Bergesee.

Ich schaute die steilen Felswände hoch und sah einen Wasserfall aus einem Gletscher entspringen. Da war der Punkt. Ganz zuerst benötigt es viele Schneeschichten, was seine Zeit braucht. Mit dem Frühling beginnt die Schneeschmelze und die Bäche sprudeln. Mit Strategien ist es oft ähnlich. Wir denken intensiv über Lösungen nach und es entsteht höchstens Mittelmass. Legen wir sie weg und beschäftigen uns mit anderen Dingen, kommen so Schicht für Schicht neues Wissen und neue Erkenntnisse dazu. Sobald die Zeit reif ist, sprudelt es im Kopf in Form von klaren Gedanken. So wie der Bergsee sich mit klarem Wasser füllt.

Am liebsten hätte ich eine einfache Formel zum Bergesee-Bild. Die Lösung stecket aber definitiv noch irgendwo in den Eisschichten des Gletschers. So lange werde ich halt alle zwei Wochen den BrandNews Blog schreiben… wer weiss, vielleicht taucht plötzlich ein möglicher Ansatz auf…

Übrigens: Wie sieht Ihr kreativer Reifungsprozess aus?

Ein frischer Gruss

Ralph Hubacher

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