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19.09.2024

Abschalten unmöglich?

Pia ist beeindruckend. Punktgenau zum Ferienstart hat sie einen Mount-Everest ähnlichen Pendenzenberg  abgebaut. Niemand hielt das für möglich. Die perfekte Ausgangslage für einen entspannten Urlaub? Leider Nein!

Obwohl Pia die Zeit in Sizilien mit ihrer Familie geniesst, kann sie dennoch nicht ganz abschalten. Es ist nicht so, dass sie bei jeder Gelegenheit in die Mailbox schaut, Anrufe entgegennimmt oder sich davonschleicht und in Meetings einwählt. Trotzdem fühlt es sich nicht richtig an. Obwohl die Kollegen aus ihrem Team als auch ihr Vorgesetzter mehrfach erwähnt haben, dass sie ausspannen soll.

Klar haben sie recht, denkt Pia am zweiten Ferienabend als die Kinder im Bett liegen, Ihr Mann Champions League im TV schaut und sie das Laptop startet. Doch wie soll das gehen? Aktuell läuft der grosse Rechtsstreit mit dem insolventen Lieferenten, den sie federführend leitet. Ihre Assistentin ist kurzfristig unfallbedingt ausgefallen, weshalb sie die vielen Anfragen für Meetings und Gespräche selbst managen muss. Zudem beginnt im kommenden Monat die Umsetzung der einschneidenden Reorganisation, welche auch ihr Team betreffen wird.

Aus gutem Grund ist es ideal, während der Auszeit völlig abzuschalten. Doch die Realität entspricht nicht immer dem Wunschbild. Inspiriert durch die Zeitmanagementspezialistin Elizabeth Grace Saunders führe ich ein paar praktische Punkte auf, damit sich der Urlaub auch wirklich wie ein Urlaub anfühlt, auch wenn er nicht komplett offline ist.

  1. Abwesenheit kommunizieren
    Schreiben Sie in der Abwesenheitsmeldung, wann Sie wieder zurück sind, wer Sie bis zu diesem Zeitpunkt vertritt, wie diese Person zu erreichen ist und in welchem Rhythmus Sie Ihre Mails lesen.
  2. Alarmanlage ausschalten
    Ich meine nicht Ihre Alarmanlage zu Hause, falls Sie eine installiert haben, sondern die in Ihrem Kopf. Es gibt Menschen, die sabotieren den Urlaub, indem sie proaktiv nach Notfällen am Arbeitsplatz Ausschau halten. Wenn etwas wichtiges passieren sollte, dann wird Sie Ihre Stellvertretung informieren… und sonst wars nicht wichtig genug.
  3. Arbeitsblöcke einrichten
    Legen Sie so gut wie möglich ihre ‘offiziell-inoffiziellen’ Arbeitsblöcke fest und halten Sie sich daran. So lassen sich die Dinge bündeln, anstatt dass sie sich ausbreiten und immer mehr die gesamte Urlaubszeit infiltrieren.
  4. Dringendes loslassen
    Dringende Dinge, die Sie normalerweise im Büro machen, haben im Urlaub nichts verloren. Auch nicht der Anruf des lieben Kollegen «Duuuu, nur ganz schnell…».
  5. Arbeitszeiten monitoren
    Aus eigener Erfahrung weiss ich, dass die Planung mit den Arbeitsblöcken in der Theorie besser tönt als sie in der Praxis umzusetzen ist. Mir persönlich gelingt es nicht immer. Deshalb ist es sinnvoll, die Arbeitszeiten kritisch im Auge zu behalten. Die Stunden addieren sich schneller als gedacht. Wichtiger noch, ein Ferientag kann sich als verloren anfühlen, wenn Sie zwischen 8:00 und 9:00 Uhr an einem Konzept gearbeitet und zwischen 13:00 und 14:30 Uhr in Calls waren, selbst wenn das auf dem Papier bloss 2.5 Stunden sind.

Obwohl es nicht ideal ist im Urlaub zu arbeiten, schliessen sich Arbeit und gleichzeitig eine genussvolle erholsame Auszeit nicht komplett aus. Pia ist es gelungen, die beiden Ebenen in Einklang zu bringen. Ebenso wichtig wie eine gute Planung ist die achtsame innere Einstellung: «Wenn ich stehe, dann stehe ich; wenn ich gehe, dann gehe ich; wenn ich sitze, dann sitze ich; wenn ich schlafe, dann schlafe ich; wenn ich esse, dann esse ich; wenn ich trinke, dann trinke ich; wenn ich lese, dann lese ich; wenn ich arbeite, dann arbeite ich.»

Ein fröhlicher Gruss und ein entspannter nächster Urlaub

Ralph Hubacher

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