Eine meiner Laufstrecken führt an einem Bach entlang. Neuerdings stehen dort Tafeln: Hunde an der Leine führen. Nicht wegen den Joggern, sondern wegen eines Bibers, der sich dort angesiedelt hat. Mensch und Hund sollen ihm nicht zu nahekommen, heisst es, da er sehr wehrhaft sein könnte. Ich musste schmunzeln und erinnerte mich an eine Begegnung mit einem Biber.
Vor vielen Jahren war ich als junger Soldat für einen Spezialauftrag abkommandiert. Im Fluss suchten wir nach Splittern von Artilleriegranaten. Stundenlang stand ich bis zur Brust im Wasser, als plötzlich neben mir ein Biber auftauchte. Nur eine Armlänge entfernt sah er mich neugierig an, als wolle er wissen, was ich in seinem Revier tat. Nach einer halben Minute tauchte er ab. Offenbar hatte er entschieden, dass der Soldat in Badehose keine Gefahr darstellt. Seitdem hege ich eine besondere Sympathie für diese Tiere.
In Südböhmen plante man ein grosses Renaturierungsprojekt. Behörden und Planer schrieben Gutachten, Bewilligungen und Finanzierungskonzepte. Alles zog sich über Jahre. Doch dann erschien ein Biberpaar und begann einfach, einen Damm zu bauen. Nach wenigen Wochen war das Wasser zurückgestaut, Vögel und Amphibien siedelten sich an. Was Menschen mit Programmen und Budgets vorbereitet hatten, erledigte der Biber in stiller Eigeninitiative.
Biber können nicht nur schnell, sondern auch gross. In Kanada gibt es einen Biberdamm, der doppelt so lang ist wie der Hoover Damm. Entdeckt wurde er 2007 auf einem Satellitenbild im Wood Buffalo Nationalpark in Alberta.
Während wir noch an Folien feilen, baut der Biber längst seinen funktionierenden Damm. Sein Erfolg liegt nicht im perfekten Plan, sondern im Tun, Testen und Anpassen. Die Natur kennt keine Meetings, nur Ergebnisse.
Ein fröhlicher Gruss, Ralph Hubacher